Die Hintergründe zum Nachlesen:

https://www.donaukurier.de/lokales/landkreis-roth/csu-landtagsabgeordneter-volker-bauer-positioniert-sich-fuer-das-muna-gelaende-als-standort-des-ice-werks-7603223

Sehr geehrter Herr Bauer,

in der regionalen Presse ist zu Lesen, dass Sie der Ansicht seien, dass es auf dem Gelände der Muna keine intakte Natur gebe – insbesondere bezieht sich diese Aussage auf den Teil der Muna, der im Zuge der Pläne zum ICE-Werk Muna-Nord genannt wird.

Wie kommen Sie denn zu dieser vollkommen realitätsfernen Überzeugung?
Ich hoffe sehr auf ein Versehen oder Mißverständnis.
Die Diskrepanz zwischen dieser Aussage und den täglich erkennbaren Begebenheiten in unserem unmittelbaren Umfeld ist evident, kundgetan von “meinem” Landtagsabgeordneten nahezu unerträglich. Haben Sie denn nicht die umfangreichen Akten zum laufenden RoV in Augenschein genommen? Dort gibt es ausführliche Darstellungen, die klar belegen, dass es sich nicht nur um intakte Natur handelt, sonden sogar aus vielerlei Gründen um im besonderen Maße schützenswerte Natur.

Diese Angelegenheit des ICE-Werkes offenbart so viel intransparentes Verhalten und Unaufrichtigkeit von Institutionen und Menschen, in deren Integrität ich einst mein Vertrauen setzte. Ich hoffe, Sie können sich selbst betreffend meinem Vertrauensverlust entgegenwirken.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Maiwald
Röthenbach b. St. W. 

——————————————————————————————————————–

Am 24.11.2022 um 20:32 schrieb Abgeordneten Büro Volker Bauer MdL:

Sehr geehrter Herr Maiwald, 

Sie sprechen von “viel intransparente[m] Verhalten und Unaufrichtigkeit von Institutionen und Menschen” und von “erkrennbaren Begebenheiten in unserem unmittelbaren Umfeld” und unterstellen Herrn MdL Bauer damit, unwahre und interessensgeleitete Aussagen zu tätigen. 

Ich darf Sie daher zum einen darauf hinweisen, dass Herr MdL Bauer sich Ihrer Kritik nie entzogen hat und außerdem seine Position nicht beliebig und mit Blick auf lokalen Zuspruch ändert, sondern ihm bewusst ist, dass manche Position richtig und gleichzeitig (lokal) unbequem sein kann. 

Er weiß dies unter anderem, da er selbst in jüngeren Tagen in Wackersdorf am Zaun gestanden hat und sich bis 2011 – eine sehr unbequeme Position in der CSU – für einen rascheren Atomausstieg eingesetzt hat (Anm. über die Art und Weise dessen Umsetzung soll hier nicht diskutiert werden). Will heißen: Herr MdL Bauer achtet durchaus, auch aus eigener Erfahrung, das Engagement von Menschen für ihre Heimat. 

Ebenso ist ihm aber bewusst, dass es von Gleis- bis Bundeswasserstraßenbau mit Blick auf die letzten 50 Jahre gleichermaßen ökologisch wie ökonomisch ein Schildbürgerstreich gewesen wäre, jede Infrastrukturerweiterung aus reaktionären Motiven zu unterbinden.

Dies hat mit Blick auf Wasserüberleitung und Schnellfahrstrecke München-Nürnberg auch der BN zwischenzeitlich begriffen. Dennoch verfällt der BN aber, ebenso wie mancher lokalen Politiker (siehe hierbei auch populäre Provilierung in Abgrenzung gegen alles “von außen”), immer noch in bewährte Reflexe. 

Was heißt das? Herr MdL Bauer hat weder geschrieen “wir brauchen ein ICE Instandssetzungswerk”. Das war Herr Burkhard (SPD). Noch hat er – im Vertrauen auf unabhängige Sachbewertung – das Raumordnungsverfahren politisch flankiert, bevor es auf die drei bekannten Standorte (2x MUNA, 1x Harrlach) “zusammengeschrumpft” wurde. Dabei entfielen bekanntlich Standorte in Altdorf (MdL: Dr. Söder, auch Abgeordneter der Feuchter) und in Schwarzenbruck (MdL: Dünkel; dessen Stimmkreis an keinem der verbliebenen Standorte betroffen ist).  

Herr MdL Bauer hat sich zusammengefasst von Beginn des ROV mit den verbliebenen drei Standorten – auch öffentlich –  an der Seite des Markes Wendelstein positioniert. Was daran “intransparent” oder “unaufrichtig” sein soll, erschließt sich nicht.

Es erschließt sich außerdem nicht, da die Errichtung eines ICE-Ausbesserungswerks in direkter Angrenzung an den Gewerbepark Nürnberg-Feucht hinsichtlich der Landesplanung keine Ziele tangiert. Trinkwasser- und Naturschutzgebiete sind ebenfalls nicht berührt. Auf der nüchtern als „verbliebene Konversionsfläche eines ehemaligen Truppenübungsplatzes“ zu bezeichnenden Fläche sindauch keine kartierten Biotope, Ökoflächenkataster oder Naturwald- und FFH-Flächen betroffen.

Die Flächen auf MUNA Nord erscheinen, zugegeben, oberflächlich im wahrsten Sinne des Worte “wild-romantisch”. Aber die MUNA sei als kontaminierter überregionaler Sprengmittelbeseitigungsplatz unter den Flächen, für die die Bundesrepublik grundsätzlich in der Sanierungsverantwortung steht (nicht Konservierungsverantwortung). Die Bayerische Staatsregierung hat sich 2019 dazu verpflichtet, den Bund dazu aufzufordern dieser Verantwortung an möglichst vielen Liegenschaften im Freistaat möglichst zeitnah nachzukommen.“ (siehe https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000002000/0000002370.pdf ) 

Wenn das für Sie jetzt nach “Der Bauer will es einfach nicht verstehen. Der setzt sich, Präsident eines anerkannten Naturschutzverbandes in Mittelfranken hin oder her, nicht für die Natur ein” klingt, dann darf ich Ihnen mitteilen, dass die DB AG davon ausgeht, auf allen drei im ROV verbliebenen Standorten bauen zu können – nur mit verschiedenen Auflagen; und gänzlich unterschiedlichen Eingriffen in wirklich intakte Natur. 

Das wissen auch jene, die wie B90, BN und Co. durch’s Land ziehen und den Eindruck vermitteln, es bestünde in einer Kombination aus zivilen Ungehorsam und Rechtsmitteln eine Möglichkeit, den Beitrag zur selbst eingeforderten Mobilitätswende (!) zu verhindern. Hier haben Sie die kritisierte Unredlichkeit. Man kann nicht eine Erhöhung der Ziele des Green Deals inkl. Fitfor2055 (siehe Ziele im Mobilitätssektor) fordern und gleichzeitig einen regionalen Beitrag auf nicht-intakter Natur bei Einhaltung der Immissionswerte ablehnen. 

Dabei gilt es zu unterstreichen, dass weder die Bewertung als nicht-intakte Natur noch die Einschätzung die Immissionswerte oder Sanierungsfähigkeit durch Herrn MdL Bauer persönlich, sondern durch Bundesregierung und Staatsregierung vorgenommen wurden und jetzt abermals durch die Fachexperten vor Ort bei der Begehung bestätigt wurden. 

‘Was an den Aussagen “ihres Abgeordneten”, der seine Position auf bekannte, evidente Fakten stützt, “unerträglich” sein soll, erschließt sich darum nicht, ebensowenig die auf seine Person zielenden Angriffe aus dem Nürnberger Land. 


Ich hoffe daher, sehr geehrter Herr Maiwald, liebe BI Mitglieder, 

ich konnte Ihnen mit dieser ausführlichen Zusammenschau der allesamt öffentlichen Antworten/Positionen von Bundes und Staatsregierung die MUNA-Flächen betreffend die Position und Handlungsmotivation des Herrn Abgeordneten Bauer (“wenn’s als Beitrag zu Fitfor2055 schon in die Region kommt, das für die Natur beste rausholen”) nachvollziehbar(er) machen, wohl darum wissend, dass alles was nicht “Ich setzte mich dafür ein, dass das Werk nicht gebaut wird” lautet, Sie nicht befriedigen wird.

Eine solche Kirchturm-Position würde jedoch der Verpflichtung des Herrn MdL Bauer (wie aller MdL und MdB), die Erreichung der Klimaziele, zu denen sich Deutschland verpflichtet hat, zu unterstützen statt zu behindern, zuwider laufen. Sie kann daher, sofern keine rechtlichen Gründe einer Werkserrichtung entgegen stehen, nicht eingenommen werden.

Mit freundlichen Grüßen im Namen des Herrn MdL Volker Bauer 

Daniel Nagl, M.A.
Referent MdL Volker Bauer

——————————————————————————————————————–

Sehr geehrter Herr Nagl,

zunächst bedanke ich mich herzlich für Ihre schnelle und ausführliche Antwort.
Meine Kritik an Herrn Bauer ist weniger weitreichend als Ihre Verteidigung seines Handelns.

Tatsächlich nehme ich konkret Anstoß an seiner Bewertung hinsichtlich “intakter Natur”. Hierbei gehen er und ich ganz offensichtlich von unterschiedlichen Definitionen aus. Die Ausführungen im Antwortschreiben von Herrn Glauber lassen mich erkennen, welche Annhamen seine Position begründen.
Meine Wahrnehmung hier vor Ort entsteht kurz gesagt aus der Überzeugung, dass bestehende Waldgebiete in unmittelbarer Nähe zum Ballungsraum wertvoll und in unserem trockenen Klima des Nürnberger Umlands unersetzlich sind.
Zudem sucht Herr Bauer innerhalb der drei im ROV behandelten Gebiete das geringste Übel, während ich der Ansicht bin, dass alle drei Gebiete ungeeignet sind. Das geringste Übel wäre eine ohnehin für die Natur vorlorene Industriefläche. Beispiele benenne ich nicht – allein hierüber ließen sich schon Diskussionen füllen.

Damit komme ich zu den von Ihnen benannten Personen – wie beispielsweise Herrn Burkhard – und deren unsägliche Rolle in dieser Angelegenheit. Die Festlegung auf den Großraum Nürnberg war der Beginn einer Anderanderreihung von Fehlern. Und auch die Bahn möchte ich in diesem Kontext nicht unerwähnt lassen. Deren Agieren an anderen Standorten wie z.B. Köln-Nippes zeigt, dass deren unrühmliche Rolle bei uns kein Versehen, sondern System ist. Unaufrichtigkeit und Intransparenz sind hier der rote Faden des Handelns.

Hierauf gründet mein Mißtrauen und meine inzwischen deutliche Ablehung des ICE-Werkes Nürnberg insgesamt. Eine in dieser Sache – wie ich durchaus nicht ohne Selbstkritik eingestehen muss – kompromisslos und unversönlich gewordene Haltung.

Ich schreibe Ihnen als besorgter Bürger, der, wie Sie richtig erkannt haben, der BI nahe steht. Doch schreibe ich Ihnen meine persönliche, nicht abgestimmte Meinung. Gerne aber leite ich Ihre Antwort an die BI weiter.

Vorsorglich noch ein Satz zu Ihrem zweiten Anhang. Ich bedaure sehr eingestehen zu müssen, dass hier richtige und wichtige Fragen gestellt werden – leider von einer Partei, deren Ablehung ich nicht deutlich genug unterstreichen kann und von der ich mich auch an dieser Stelle explizit distanzieren möchte.

Eine Einigung in der Sache scheint nicht erreichbar zu sein, ein Austausch über Haltungen und Motive sehr wohl. Zumindest hierfür nochmals mein herzlicher Dank!

Mit freundlichen Grüßen
auch an Herrn Bauer
Markus Maiwald

———————————————————————————————————-

Sehr geehrter Herr Nagl,

in Ihrem umfangreichen Antwortschreiben vom 24.11.2022 an Herrn Markus Maiwald sprachen Sie dem Standort F – Ehemaliges Munitionslager Feucht jeglichen naturschutzfachlichen Schutzstatus ab.

„Es erschließt sich [mir] außerdem nicht, da die Errichtung eines ICE-Ausbesserungswerks in direkter Angrenzung an den Gewerbepark Nürnberg-Feucht hinsichtlich der Landesplanung keine Ziele tangiert. Trinkwasser- und Naturschutzgebiete sind ebenfalls nicht berührt.“

Das ist leider nicht richtig.

Ich empfehle Ihnen und Herrn MdL Bauer die Lektüre der Unterlagen des Raumordnungsverfahrens, aus denen ich Ihnen die folgenden Passagen gerne zitiere:

„Das Untersuchungsgebiet liegt südlich des Gewerbeparks Nürnberg – Feucht – Wendelstein und befindet sich im Landkreis Nürnberger Land auf dem Gebiet der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt (MUNA) Feucht. Die überwiegend aus Wald bestehende Fläche liegt zum größten Teil im Vogelschutzgebiet „Nürnberger Reichswald“ (DE 6533-471). Der nordwestliche Teil liegt gleichzeitig auch im Landschaftsschutzgebiet „Südliches Mittelfränkisches Becken östlich der Schwäbischen Rezat und der Rednitz im Vorland der Mittleren Frankenalb“ (LSG-00428.01). Die gesamte Waldfläche ist als Bannwald ausgewiesen.“

Quelle: Raumordnungsverfahren Neubau ICE-Werk Nürnberg Faunistisches Gutachten Standort F – Ehemaliges Munitionslager Feucht. Anl. A4.10.2. Stand 30.09.2021. Gaby Töpfer-Hofmann, Dipl. Biologin Nürnberg, 30.09.2021, Stadt- und Landschaftsplanung ANUVA

Was die Wasserschutzgebiete betrifft, ist ein weiteres Dokument aus dem Raumordnungsverfahren aufschlussreich:

„Bannwald „Nürnberger Reichswald“, ca. 180 ha EU-Vogelschutzgebiet (SPA) Nr. 6533-471 „Nürnberger Reichswald“, ca. 194 ha Landschaftsschutzgebiet Südliches Mittelfränkisches Becken östl. der Schwäbischen Rezat und der Rednitz mit Vorland der Mittleren Frankenalb“, ca. 11 ha Wasserschutzgebiet Röthenbach Nord (südlich der Liegenschaft) Wasserschutzgebiet Feucht West (östlich der Liegenschaft).“

Quelle: Raumordnungsverfahren Nürnberg Neubau ICE-Werk Nürnberg Anlage B.3.3 Stellungnahme Kampfmittel- und Belastungssituation zur Standortvariantenbewertung für den Neubau eines ICE-Werkes im Rahmen des Raumordnungsverfahrens Verfasser: Dipl.-Ing. Karsten Helms Datum: 01.04.2022

Die besonders hohe Schutzwürdigkeit eines als „Bannwald“ ausgewiesenen Waldes, wie in diesem Falle, ist in Art. 11 des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG) nachzulesen.

Die EU-Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG des Europäischen Rates vom 2. April 1979 wurde durch die aktuell gültige Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 aufgehoben und – inhaltlich weitgehend gleich – zum 15. Februar 2010 ersetzt.

Sie dient gemeinsam mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie im Wesentlichen der Umsetzung der Berner Konvention. Die Vogelschutzgebiete gemeinsamen Interesses werden allgemein Europäisches Vogelschutzgebiet genannt (englisch Special Protection Area SPA), die Schutzgebiete nach den beiden Richtlinien bilden das Netzwerk Natura 2000.

In diesem Fall das EU-Vogelschutzgebiet (SPA) Nr. 6533-471 „Nürnberger Reichswald“, siehe Anlage.

Ich hoffe Ihnen damit den tatsächlichen, objektiven europäischen Schutzstatus der Fläche näher gebracht zu haben. Ab wann man hingegen als Laie in Mitteleuropa noch von „intakter Natur“ sprechen kann ist sehr subjektiv.

Wenn Sie weiteren naturschutzfachlichen Beratungsbedarf haben, können Sie sich gerne an mich wenden. Schließlich soll eine so weitreichende Entscheidung, wie in diesem Fall, nicht auf subjektivem Empfinden von intakter oder gestörter Natur, sondern auf Grundlage fachlich fundierten Wissens geschehen. 

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Haas, Dipl.-Biol.

Categories:

Tags:

Comments are closed