von Andreas Teichert
In der Projektanbahnung war spontane und große Begeisterung bei DB und Entscheidern der Stadt Nürnberg. Das ICE-Werk müsse hierher in die Eisenbahnerstadt. Da waren sie sich schnell einig. Auch wenn Außenstehende fragen könnten, was Nürnberg denn zu einer Eisenbahnerstadt mache. Die Fahrt der Adler 1835 vielleicht? Dann Ernüchterung, wohl auch wegen der Bundestagswahl (und Widerstand der Bevölkerung?) und der tollpatschige Rückzieher der Bahn. In der Folge fiel der Standort Fischbach/Altenfurt heraus. In den nächsten Monaten: Sendepause. Weder gab es seitdem eine Diskussion zur weiteren Vorgehensweise in der Öffentlichkeit noch in den politischen Gremien. Auch keine klaren Stellungnahmen der politischen Parteien, des Stadtrats oder des Herrn Oberbürgermeister. Dann wurde der Vorschlag am Hafen bemerkenswert schnell und mit wenig überzeugenden Argumenten, aber mit brachialer Vehemenz aus dem Rennen gekickt. Eine öffentliche Diskussion hierzu gab es ebenfalls nicht, auch nicht in den Medien NN/NZ.
Offenbar soll das Projekt schon unbedingt irgendwie in der sog. Metropolregion sein, aber eben nicht in der Stadt. Wie ist eigentlich die offizielle Position der Stadt zu einem so wichtigen Projekt? Eine Frage, die mit großer Verwunderung dieser Tage auch von Frau Dorothee Martin, der Verkehrspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion bei einem Vor-Ort-Termin gestellt wurde.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Stadtoberen der Meinung sind, dass sie das Problem elegant gelöst hätten, indem man versucht, es ein paar Kilometer weiter nach Feucht zu schieben. Das ist in mehrere Hinsichten zu kurz gedacht.
Zunächst einmal ist das St.-Florian in Reinkultur. Haben-wollen und die Rechnung sollen Andere bezahlen!
Viel wichtiger ist vielmehr, dass die damit verbundenen Probleme nicht verschwinden. Auch und gerade nicht für die Stadt Nürnberg! Im Gegenteil:
Die riesigen Rodungen würden wichtige Funktionen des Waldes insgesamt massiv beeinträchtigen bzw. zerstören, denn er braucht er eine kritische Größe, um die Luft im erforderlichen Ausmaß zu reinigen, zu kühlen und als natürlicher Wasserspeicher zu funktionieren. Experten gehen davon aus, dass bis zu acht Grad Celsius Temperaturunterschied zwischen dem Stadtgebiet und der Umgebung eintreten würden, wenn 35 bis 45 ha zusammenhängender Fläche fehlen. Wie sich Hitze auf die Lebensumstände von uns allen auswirkt, erleben wir derzeit sehr konkret.
Die Feinstaubbelastung, ein ohnehin schon seit Jahren sensibles Thema in der Stadt, würde zunehmen, ebenso Trockenheit, Wassermangel und die Waldbrandgefahr. In diesem Jahr gab es bereits im Monat März in Bayern Warnungen vor Waldbrandgefahr!
Aber auch das Gegenteil tritt immer öfter ein: Starkregen erzeugt in kurzer Zeit große Wassermassen, die wegen der mit dem ICE-Werk verbundenen Bodenverdichtungen nicht einfach und langsam im Erdreich versickern könnten. Die riesigen Bearbeitungshallen, Parkplätze, Gleisanlagen, Verkehrsflächen für innerbetriebliche Transporte und Rettungswege machen es unmöglich, dass das Regenwasser dorthin gelangt, wo es hingehört, nämlich ins Grundwasser. Stattdessen fließt es ab. In zu großer Geschwindigkeit und nicht gesteuert. Und kann kritische Infrastruktur, wie das Klärwerk in Feucht bedrohen. Kann aber sein, dass das in Nürnberg achselzuckend zur Kenntnis genommen wird.
Weitere Ziele der Nationalen Wasserstrategie wäre die Entsiegelung von Flächen. In Nürnberg geschieht derzeit genau das Gegenteil: Nachverdichtungen gigantischen Ausmaßes in St. Peter und am Wöhrder See. Neue Grünflächen werden kaum geschaffen, obwohl Nürnberg im Vergleich zu anderen Großstädten schon jetzt über zu wenig Grünflächen verfügt. Diese sind aber für die Bewohner der Stadt sehr wichtig als Schattenspender, Erholungsflächen oder um Regenwasser aufzunehmen.
Mehr Menschen brauchen auch mehr Wasser. Woher soll das kommen, wenn Grundwasserspiegel weiter absinken? Es gibt Pläne der Bayerischen Staatsregierung, Wasser vom wasserreichen Süden des Freistaats in den niederschlagsarmen Norden zu transportieren. Wann diese Möglichkeit zur Verfügung stehen wird, ist derzeit aber noch vollkommen ungewiss.
Der Klimawandel und der Umgang damit ist sehr, sehr komplex und macht das Ergreifen von Gegenmaßnahmen so schwierig. Einfacher ist es aber definitiv, offensichtliche Fehler gar nicht erst zu begehen. Die Vernichtung von gesetzlich geschütztem Bannwald in den Ausmaßen des Rollfelds des Flughafens wäre ein großer Fehler mit kaum wieder gutzumachenden Konsequenzen!
Wirtschaftliche Interessen der DB dürfen nicht dazu führen, dass sich die Lebensbedingungen für viele tausend Menschen verschlechtern. Durch das ICE-Werk würden kaum nennenswert neue Verbindungen in andere Städte entstehen, die es nicht schon gäbe. Lediglich eine bessere Vernetzung und engere Taktung. Ob dieser Vorteil für ein paar wenige Reisende die Nachteile für viele Bewohner der Stadt ausgleicht?
Es braucht ein stärkeres Bewusstsein zur Wichtigkeit des Waldes vor der Haustür, endlich klare Bekenntnisse und natürlich Taten vom Herrn Oberbürgermeister und dem Stadtrat.
Wichtig ist, dass der Reichswald bleibt!
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