Vielleicht ist dem einen oder anderen beim letzten Urlaub schon mal ein Hinweisschild zu einem Natura 2000 Gebiet aufgefallen.
Die Vermutung liegt nahe, dass es hier um Naturschutz geht, aber nur die Wenigsten wissen mehr darüber und noch weniger wissen, dass wir solche Gebiete auch in unserer unmittelbaren Umgebung haben.
Was ist Natura 2000 eigentlich?
Natura 2000 ist ein EU-weites Netz von Schutzgebieten zur Erhaltung gefährdeter oder typischer Lebensräume und Arten. Ziel des Netzes ist es, das langfristige Überleben der wertvollsten und am stärksten bedrohten Arten und Lebensräume Europas zu sichern, die sowohl in der Vogelschutzrichtlinie als auch in der Habitatrichtlinie aufgeführt sind. Die Natura 2000 Schutzgebiete leisten einen wertvollen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt in der EU.
Auch direkt vor unserer eigenen Haustüre befindet sich solch ein schutzwürdiger Lebensraum, obwohl Hinweisschilder fehlen:
Der Nürnberger Reichswald mit einer Gesamtgröße von 240 Quadratkilometern ist eine der größten zusammenhängenden Waldflächen in unmittelbarer Nähe einer deutschen Großstadt. In großen Teilen wurde er 1980 als erster Bannwald Bayerns unter Schutz gestellt und blieb dadurch in seiner Flächensubstanz erhalten.
Für die Stadt Nürnberg und die umgebenden Gemeinden hat er eine herausragende Bedeutung für Klima, Wasserhaushalt, Luftreinigung und Naherholung der Bevölkerung.
Als Natura 2000-Gebiet ist er ein Schutzgebiet von europäischem Rang und beherbergt landesweit bedeutsame Vorkommen von Spechten, Ziegenmelkern, Heidelerchen, Habichten und Eisvögeln. Tot- und Altholz bilden wertvolle Lebensräume für stark bedrohte Arten wie den Eremit oder die Bechsteinfledermaus.
Leider sind aber auch Natura 2000 Gebiete, so wichtig sie auch für die Umwelt sind, kein absoluter Schutz. Aus „zwingenden Gründen des überwiegend öffentlichen Interesses“ und beim Fehlen „zumutbarer Alternativen“ Art. 34 Abs. 1, 2 BNatSchG. dürfen Bebauungsprojekte die solche Gebiete zerstören dennoch durchgeführt werden.
Ein solches öffentliches Interesse sowie fehlende Alternativen führt die Deutsche Bahn AG an um Gebiete in der Größe von 45 Hektar im Natura 2000 geschützten Reichswald (3 mögliche Standorte zwischen Feucht und Röthenbach b. St. W. bzw. bei Harrlach) abzuholzen und ein ICE-Instandhaltungswerk zu errichten. Dies verhindert leider auch nicht der zusätzliche Schutzstatus Bannwald (Art. 11 des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG)).
Derzeit befinden sich diese drei Gebiete im Raumordnungsverfahren bei der Regierung von Mittelfranken. Diese muss u.a. auch die vielen Tausenden von Einwendungen aus der Bevölkerung die Raumverträglichkeit beurteilen. Leider ist aber selbst eine negative Beurteilung nicht rechtsverbindlich. Somit muss weiterhin um wertvolle Teile unseres mehrfach geschützten Reichswaldes gebangt werden.
Tilo Kefer
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