Artikel in Meier Magazin 29.04.2023
Kann Deutschland noch Großprojekte?
Diese Frage stellte Herr Josel, der Generalbevollmächtigte der DB für Bayern in der Sendung „Jetzt red i“ vom 29.03.2023 Wer ist „Deutschland“ und warum fühlt sich eigentlich ausgerechnet die DB aufgerufen, das infrage zu stellen?
Es gibt genug vor der eigenen Haustür zu kehren:
Stuttgart 21 mit seinen explodierten Kosten und bürgerkriegsähnlichen Unruhen, verursacht durch unnachgiebiges Festhalten an eigenen Plänen der DB.
Landauf, landab plant die DB neue Hochgeschwindigkeitstrassen rücksichtslos mitten durch Landschafts- und Naturschutzgebiete, anstatt bestehende Trassen zu modernisieren und auszubauen. Das ist wesentlich teurer und dauert länger und verkürzt die Fahrtzeit nur um wenige Minuten.
Oder zwei Krisenprojekte aus Bayern: Da ist das Trauerspiel um die Stammstrecke in München, die plötzlich und unerwartet doppelt so teuer wird und sich um Jahre verzögert oder die Anbindung an den Brenner Basis-Tunnel. In Österreich und Italien wird daran seit Jahren gebaut, die DB schläft derweil und hat heute, 2023, noch nicht einmal die Trassenführung fertig. Dazu Herr Josel: „Planungsdialog heißt Mitwirkung, nicht Mitbestimmung!“ Ein sehr seltsames Rechtsverständnis, zumal es dort nicht um DB-eigene Grundstücke oder den öffentlichen Raum geht, sondern um Privatbesitz und berufliche Existenzen davon abhängen.
Weiter führt er aus, dass für Lärmschutzmaßnahmen entlang der Bahnstrecken die Gemeinden, das Land oder der Bund aufkommen müssten, aber nicht die DB. Es sind doch die Züge der DB, die den Lärm verursachen!?
Tief blicken lassen auch Äußerungen von Herrn Lutz, dem Vorstandsvorsitzenden der DB aus den Nordbayerischen Nachrichten vom 01.04.2023 (Nein, KEIN Scherz!). Dort fabuliert er, dass der Standort für ein ICE-Werk bei (nicht in!) Nürnberg sich „ein Stück weit aus der Gesamtstruktur der Verkehre“ ergebe. Also nur ein Stück weit? Das erklärt allerdings den Murks bei der bisherigen Standortsuche:
Altenfurt ja, dann doch nicht; Hafen ginge technisch, wollen sie aber dann doch lieber nicht; Begründung? Fehlanzeige.
Flughafen München nein, obwohl Experten einen Standort dort für sinnvoller halten, als am Knotenpunkt Nürnberg; Begründung? Fehlanzeige.
Harrlach und Jägersee sind krachend im Raumordnungsverfahren durchgefallen. Das Muna-Gelände wird nur unter so gravierenden Auflagen zugelassen, dass es realistischerweise nicht mehr infrage kommt.
Dass die Muna nicht gleich ausgeschlossen wurde, ist ein Geschenk der Regierung von Mittelfranken, die Chance für die DB, sich einigermaßen gesichtswahrend zurückzuziehen. Ob sie die nutzt?
Immerhin sieht die DB, dass „ein Stück weit Randbedingungen und Regularien akzeptiert werden müsse“. Ja, wie hammer´s denn? Gesetze und Vorschriften gelten in Deutschland doch für alle und nicht nur ein Stück weit!
Und als vorläufige Krönung die kürzlich kleinlaut verkündete Verlängerung des Projekts Deutschlandtakt bis ins Jahr 2070. Das war entweder grenzenlose Selbstüberschätzung der DB oder blindes Folgen unrealistischer Wünsche der Politik. Projektmanagement geht jedenfalls anders!
Andreas Teichert
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